Der Plötzliche Kindstod


Der plötzliche und unerwartete Tod eines scheinbar gesunden Kindes (SIDS =Sudden infanth death syndrom) ist eines der schrecklichsten Ereignisse, das in einer Familie auftreten kann und eines der heikelsten Probleme, mit dem Ärzte konfrontiert werden. Das Problem ist nicht neu. Wegen der gesunkenen Gesamtsterblichkeit der Säuglinge ist der Plötzliche Kindstod die wichtigste Todesursache zwischen 14 Lebenstagen und Ende des ersten Lebensjahres geworden.

 Was ist passiert?

Ein scheinbar gesundes Kind wird zum Schlafen ins Bett oder in den Kinderwagen gelegt. Vielleicht hat es einen leichten Schnupfen oder andere minimale Krankheitszeichen, die bei Kindern dieses Alters nichts Ungewöhnliches sind; vielleicht zeigt es auch gar keine Krankheitszeichen. Wenn man das nächste Mal nach ihm sieht, wird das Kind tot aufgefunden.

Der Plötzliche Kindstod tritt bei Knaben etwas öfter auf als bei Mädchen und kommt häufiger in den Wintermonaten vor. Mittlerweile sind in ganz Europa, Kanada, den USA und Australien Forschungsarbeiten im Gang.

Warum ist unser Kind gestorben?

Pathologen, die diese Kinder nach dem Tod untersuchen, sind darauf bedacht, die Todesursache herauszufinden. Bei einer kleinen Anzahl dieser unerwarteten Todesfälle ergibt die Untersuchung nach dem Tod eine bis dahin unerkannt gebliebene Abnormalität oder eine gravierende Infektion, wie etwa eine Lungen- oder Hirnhautentzündung. Diese Krankheiten können tödlich sein. Bei den verbleibenden Fällen jedoch lässt sich der Tod nicht so leicht erklären. Diese Fälle werden als Plötzlicher Kindstod (oder Krippentod oder SIDS) bezeichnet. Bei manchem dieser Kinder findet man einen leichten Infekt, der dann, evtl. zusammen mit dem Plötzlichen Kindstod, auf der Sterbeurkunde erwähnt wird. Beim derzeitigen Stand der Wissenschaft kann der Plötzliche Kindstod weder von den Eltern noch von Ärzten vorhergesehen oder erklärt werden.

Musste unser Kind leiden?

 Die meisten dieser Kinder sterben im Schlaf. Selbst wenn sie nicht schlafen, werden sie zunächst bewusstlos und sterben dann sehr schnell. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass ihr Tod qualvoll war.

Ist unser Kind erstickt?

Wenn Sie ihr Kind mit dem Gesicht nach unten oder mit einem Kissen bedeckt gefunden haben, vermuten Sie wahrscheinlich, dass der Tod auf Ersticken zurückzuführen ist. Viele Säuglinge schlafen jedoch normalerweise mit dem Gesicht nach unten oder vergraben sich in Decken, ohne dass etwas passiert. Äusserliches Ersticken ist mit Sicherheit nicht die Ursache für den Plötzlichen Kindstod.

Hat unser Kind seine letzte Mahlzeit herausgewürgt oder erbrochen?

Manchmal findet man Erbrochenes oder blutigen Schaum am Mund oder am Bettzeug. Dies passiert normalerweise während oder nach dem Tod und ist nicht die Ursache für den Tod des Kindes.

Müssen wir für die anderen Kinder besondere Vorsichtsmassnahmen treffen?

Der Plötzliche Kindstod ereignet sich selten bei Kindern, die über ein Jahr alt sind. Der Häufigkeitsgipfel liegt jedoch zwischen dem 2. und dem 4. Lebensmonat.

SIDS ist garantiert nicht ansteckend. Weder Sie noch Ihre älteren Kinder sind gefährdet oder stellen eine Gefahr für andere dar.

Wenn Ihr Kind ein Zwilling war, wird Ihr Arzt sicher in enger Verbindung mit Ihnen bleiben und Ihnen wo immer möglich helfen. Eventuell wird Ihnen der Arzt ein Homemonitoring empfehlen (Überwachung der Herz- und Atemfrequenz). Wenn Sie sich ängstlich oder unsicher fühlen, dürfen Sie ein Homemonitoring verlangen.

Wäre es auch passiert, wenn unser Kind gestillt worden wäre?

 Stillen wird zwar in der SIDS-Prävention empfohlen, aber Tatsache ist, dass es diese Todesart schon seit Urzeiten gibt, wo praktisch alle Kinder noch gestillt wurden. Heute tritt sie sowohl bei gestillten als auch bei Flaschenkindern auf.

Warum muss die Polizei die Todesursache unseres Kindes untersuchen?

 Die Polizei hat die Aufgabe, alle plötzlichen Todesfälle mit unbekannter Ursache zu untersuchen, ihre Umstände abzuklären und zwischen natürlichen und unnatürlichen Todesfällen zu unterscheiden. Im Auftrag des Amtsgerichts wird die Polizei die Obduktion des Kindes veranlassen. Die Abklärung der Todesursache wird Sie als Eltern vor falschen Beschuldigungen bewahren.

War irgendjemand Schuld am Tod unseres Kindes?

 Wenn ein scheinbar gesundes Kind unerwartet stirbt, ist dieser Tod ein schrecklicher Schock. Die Eltern fühlen sich oft schuldig und überlegen hin und her, ob sie irgend etwas getan oder unterlassen haben, was zu der Tragödie führen konnte. Manchmal beschuldigen sich die Eltern gegenseitig oder sie legen dem Haus- oder Kinderarzt, der das Kind vielleicht vor kurzem noch gesehen hat, ein Versagen zur Last. Ein Babysitter, der zum Zeitpunkt des Todes auf das Kind aufgepasst hat, wird sich ebenso die Schuld geben, oder aber die Eltern fühlen sich schuldig, weil sie das Kind allein gelassen haben. Diese Schuldgefühle sind eine ganz natürliche Reaktion, aber sie sind völlig unbegründet. Je mehr dieses Phänomen in der Öffentlichkeit bekannt wird, um so weniger falsche Anschuldigungen wird es geben.

Ein paar Worte zur Trauer

Wenn das geliebte Kind stirb, verfallen wir in tiefe Trauer. Die Zukunft wird uns plötzlich genommen, unsere Welt liegt in Trümmern. Jeder Mensch trauert anders, braucht verschieden lang, um sich wieder orientieren zu können und den Weg ins Leben zurück zu finden. Da sich niemand auf eine solche Tragödie vorbereiten kann, vermag der schwere Schock die Betroffenen in einen seelischen Abgrund zu stürzen, in einen Zustand des „Nicht-wahr-haben-wollens“. Depression, Wut, Schuldgefühle, Frustration, Hoffnungslosigkeit, Infragestellen des Glaubens und anderer Grundwerte sind Etappen der Trauer um das verlorene Kind. Manche leiden unter Konzentrationsstörungen, Albträumen oder Spannungen in der Ehe, andere leiden mehr körperlich. Manche neigen dazu, ihre anderen Kinder nun überbehüten zu wollen, oder sie zweifeln an ihren Fähigkeiten als Eltern.

Es kann vorkommen, dass sich Freunde und Verwandte in dieser Zeit der tiefsten Verzweiflung zurückziehen. Sei es, weil sie Angst haben, die Eltern zu stören oder zu verletzen, sei es, weil sie selber völlig hilflos sind.

Oft fühlen sich die Eltern einsam und niedergeschlagen. Wenn sie sich mit anderen Eltern aussprechen können, denen das gleiche passiert ist, kann das sehr tröstlich sein. Neben Eltern und Freunden können auch Pfarrer, Haus- oder Kinderarzt helfen. Grosseltern und Pflegeeltern, die auch trauern, sind oft bestürzt und brauchen selber hilfreiche Informationen.

Die Reaktion der anderen Kinder auf den Tod

Ein Todesfall in der Familie wirkt sich immer auch auf die anderen Kinder aus. Da sie den Tod nicht wie ein Erwachsener verstehen oder über ihn sprechen können, schieben sie ihn manchmal von sich, sie wirken unbeteiligt oder drücken ihren Kummer durch ihr Benehmen aus. Sie bekommen Verhaltensstörungen, leiden unter Albträumen, werden wieder zu Bettnässern oder fallen in Verhaltensweisen zurück, aus denen sie eigentlich schon herausgewachsen waren. Die Jüngsten können noch nicht über ihre Ängste sprechen und vielleicht noch nicht einmal einfache Erklärungen verstehen. Sie müssen deshalb ganz besonders von ihren Eltern beruhigt werden und brauchen in verstärktem Masse deren Liebe und Zuwendung. Die Kinder jeden Alters sollten auf jeden Fall die Wahrheit erfahren und so viele Informationen erhalten, wie sie verstehen können. Kinder fühlen sich manchmal schuldig, und sie müssen daher immer wieder die Sicherheit bekommen, dass sie für den Tod ihres Geschwisters nicht verantwortlich sind und dass sie nicht auf die gleiche Art und Weise sterben werden. Kinder haben feine Antennen für die seelische Verfassung der Erwachsenen, die um sie herum sind. Es kann sein, das sie fassungslos über die Trauer ihrer Eltern sind, Kinder lassen sich aber auch keine geheuchelte Fröhlichkeit vormachen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Schmerz Sie von Ihren Kindern entfremdet, dann bitten Sie doch jemanden anderen, dass er sich besonders um Ihre Kinder kümmern könnte. Wenn Schwierigkeiten bestehen bleiben, können Sie vielleicht mit Ihrem Arzt darüber zu sprechen.

Weitere Kinder zeugen?

Obwohl die meisten Eltern grosse Angst davor haben, ein weiteres Baby auf gleiche Art zu verlieren, und obwohl viele daran zweifeln, dass sie jemals damit fertig werden, denken Sie bitte daran, dass viele, viele Eltern gesunde Kinder aufgezogen haben, nachdem sie eines unerwartet verloren haben. Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung ist extrem gering. Wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen, können Sie sich zu einer neuen Schwangerschaft entschliessen, sobald Sie sich in der Lage dazu fühlen. Allerdings kann kein Kind ein anderes ersetzten, weil jedes ein einmaliges Individuum ist mit eigener Persönlichkeit und unverwechselbarem Charakter.

Hilfs- und Informationsmöglichkeiten

Eltern finden oft Trost, wenn sie die Ereignisse bis in alle Einzelheiten mit anderen Menschen durchsprechen können. Vielleicht ist Ihr Arzt hierzu der geeignete Gesprächspartner. Wenn es noch irgendwelche Punkte gibt, mit denen Sie einfach nicht fertig werden, dann bitten Sie Ihn, ob er Ihnen evtl. ein Gespräch mit einem Kinderarzt oder Kinderklinik vermitteln kann. Aber bedenken Sie, dass es noch viele unbekannte Faktoren beim Plötzlichen Kindstod gibt. Inzwischen haben sich Elterngruppen zusammengeschlossen, um betroffene Eltern zu unterstützen und Ihnen ihre Hilfe anzubieten.

Elternvereinigung SIDS Schweiz

Die Elternvereinigung SIDS Schweiz ist eine Vereinigung betroffener Eltern, die ihr Kind an SIDS verloren haben. Der Verein ist bemüht, Eltern in ihrer Trauer zu unterstützen, Selbsthilfegruppen anzubieten und Eltern eine Plattform zu geben, um sich auszutauschen. Die aktuellen Adressen und Kontaktmöglichkeiten finden Sie im Internet unter www.sids.ch.

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